Wir sind in 2006 aus den Norden Deutschlands nach Hessen gezogen. Zunächst nach Bad Homburg. Leider mussten wir deshalb unseren alten Garten im Teufelsmoor bei Bremen aufgeben und verkaufen. Schon sehr bald packte uns aber wieder die Sehnsucht nach einem Garten und wir machten uns auf die Suche nach einem geeigneten Haus mit großem Grundstück. Diese Suche entpuppte sich als viel schwieriger als gedacht und hat am Ende etwa fünf Jahre gedauert.
Im Sommer 2010 haben wir dann im Hintertaunus ein Haus besichtigt, das uns recht gut gefallen hat. Aber was uns noch viel mehr überzeugte, war das noch weitgehend unerschlossene 3.300qm große Grundstück, dass auf etwa 360 Meter Höhe einen atemberaubenden Blick in das ganze Wehrheimer Becken und den dahinter liegenden Winterstein-Höhenzug ermöglichte.
Wir konnten uns vorstellen, dass man aus diesem Grundstück mit etwas planerischem Geschick ein kleines Paradies zaubern könnte. Nach etwas längeren Verhandlungen haben wir das Hausgrundstück im Oktober 2010 erworben und sind nach entsprechender Renovierungszeit im Mai 2011 eingezogen.
Nach unserem Einzug waren wir zunächst damit beschäftigt, uns einzuleben und erste Pläne für die Außengestaltung zu machen. Schon sehr bald stellte sich heraus, dass das Grundstück zwar durchaus groß war, aber durch die etwa 100 Meter lange Längsachse doch planerisch nicht ganz einfach zu gestalten war. Es erschien mehr wie ein überdimensioniertes Reihenhausgrundstück - lang und schmal. Ein Gartenarchitekt nannte es damals Handtuch-Grundstück.
Also kamen wir auf den Gedanken, die beiden Nachbargrundstücke im hinteren Teil dazu zu erwerben. Was zunächst nur so ein Gedanke war, wurde in 2012 umgesetzt. Nun waren wir also Eigentümer von 7.700 qm, die sich im hinteren Teil noch weitgehend als brachliegendendes Ackerland und auf der anderen Seite als Umschlagsplatz präsentierten.
Unsere Idee für das Gelände war die Schaffung eines Landschaftsgartens, der in seiner Großzügigkeit an englische Gartenlandschaften erinnert und gleichzeitig Elemente der klassischen Gartengestaltung aufnimmt. Letztere sollten sich im Wesentlichen im hausnahen Bereich wiederfinden, während der hausferne Bereich eher extensiven, landschaftsgebendenen Charakter haben sollte.
Wir hatten als langjährige Gartenliebhaber zwar bereits konkrete Vorstellungen über die Auswahl der Pflanzen, aber die genaue Ausformulierung der Landschaftsgestaltung war natürlich noch offen. Wir entschlossen uns daher, mehrere namhafte Gartenarchitekten zu kontaktieren und sie um Vorschläge zu bitten. Daraus ist dann eine Art "Ideen-Wettbebewerb" entstanden, bei dem sich letztlich ein Architekt aus Nordrhein-Westfalen durchsetzt hat. Mit ihm haben wir die genaue Planung vorgenommen, die später auch Eingang in das weiter unten beschriebene Genehmigungsverfahren gefunden hat.
Leider waren wir bei der Ausformulierung unserer Idee eines Landschaftsgartens anfangs zu blauäugig gewesen. So stellte sich heraus, dass etwa 5.500 qm unseres Geländes baurechtlich im Außenbereich im Sinne § 35 BauGB gelegen waren. Eine Nutzung als Garten war so ohne weiteres nicht möglich, da sie nicht unter die dort privilegierte Nutzung wie zum Beispiel Landwirtschaft fiel. Wir haben mit den veranwortlichen Behörden Kontakt aufgenommen und versucht, eine Genehmigung für unser Vorhaben auf dem Wege der Umwidmung zu erlangen. Dies entpuppte sich nach fast 18 Monaten als nicht erfolgreicher Weg, so dass das Projekt zunächst zu einem Stillstand kam.
Wir wollten aber unsere Idee nicht so einfach aufgeben und haben aus diesem Grunde die Beratung durch ein Stadtentwicklungsbüro gesucht. Als Ergebnis haben wir dann die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes bei der Gemeinde Wehrheim beantragt, mit dem Ziel, die Fläche dem Innenbereich als private Gartenfläche zuzuordnen.
Als Vorhabenträger legten wir großen Wert darauf, dass diese Änderung NICHT zum Ziel hat, eine Wohn- oder andersartige Bebauung dort zuzulassen oder die Grundlagen dafür zu schaffen. Es ging uns schließlich nur um die Anlage des Landschaftsgartens. Im Zusammenhang damit erklärten wir uns bereit, einen Durchführungsvertrag gemäß § 12 Abs. 1 BauGB mit der Gemeinde zu vereinbaren, in dem Details, wie Tage der offenen Gartenpforte, etc. geregelt werden.
Mit der Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes wurde ein Planungsbüro beauftragt, dass über umfangreiche Erfahrungen mit derartigen Projekten verfügte und für die Gemeinde Wehrheim bereits an verschiedenen Stellen erfolgreich tätig gewesen war.
Mit der Planung und Ausführungsbetreuung des Gartenhauses wurde eine Wehrheimer Architektin beauftragt, die bereits das Wohnhaus entworfen hatte.
Im Rahmen eines Landschaftspflegerischen Begleitplans wurde die ökologische Aufwertung im Zusammenhang mit der Projektrealisierung dokumentiert. Der Landschaftsgarten wird durch sein hohes Habitatpotenzial mit einer Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten das Gelände gegenüber der heutigen und vormaligen Nutzung ökologisch deutlich aufwerten.
Er wird durch seine hohe ästhetische und ökologische Wertigkeit zu einer deutlichen optischen Aufwertung des Ortseingangsbildes von Obernhain beitragen. Groß-Gehölze, die sich in Habitus, Blüten- und Herbstfärbung unterscheiden, werden die Jahreszeiten noch deutlicher erlebbar machen und ein abwechslungsreicheres Erscheinungsbild des Ortsrandes bieten.
Der Landschaftsgarten wird durch „Tage der offenen Gartenpforte“ zwei mal jährlich auch der Öffentlichkeit zugänglich sein und dadurch auch eine Bereicherung des Veranstaltungskalenders der Gemeinde Wehrheim darstellen.
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan "Landschaftsgarten Obernhain" wurde im Jahr 2014 von der Gemeinde Wehrheim aufstellt und zweimal im Sinne der vorzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange für jeweils 30 Tage offengelegt, bevor er nach entsprechenden Beschlüssen der Gemeindevertretung Wehrheim zum 17. April 2015 rechtverbindlich wurde.
Im Folgenden werden Eigenschaften und Gestaltungselemente und Teilbereiche des Landschaftsgartens beschrieben.
Teilbereich „Klassischer Garten“
In diesem sehr hausnahen Teilbereich liegen in 1,50 Meter Tiefe Wärmeschleifen für die Wärmepumpe des Wohnhauses. Aus diesem Grund ist eine Bepflanzung mit tiefwurzelnden Pflanzen und Gehölzen ausgeschlossen.
Dies berücksichtigend ist die Anlage eines „klassischen Gartenbereichs“ mit Formgehölzen vorgesehen, die geometrisch angelegte Wege einfassen, die ihrerseits Startpunkte für Sichtachsen und Führungswege durch den Landschaftsgarten darstellen.
Die geometrischen Wege ziehen sich durch intensiv bepflanzte Beete, die unterschiedlichen Pflanzengruppen vorbehalten sind. Schwerpunktmäßig verwendete Pflanzen sind Taglilien, Rosen, Schwertlilien und Astern.
In der Mitte des klassichen Gartens ist ein Rondell vorgesehen, in dem ein Knotengarten aus Buchs und roter Berberitze entstehen soll.
Das Gelände soll auf eine ebene, leicht geneigte Höhe gebracht werden, damit es optimal nutzbar ist und sich am unteren Ende eine Naturstein-Stützmauer von ca. 1m Höhe ergibt. Ein mit Kletterrosen berankter Laubengang zieht sich als Achse durch diesen Bereich.
Teilbereich „Felsengarten“
Eine Aufschüttung mit Kies oder Schotter schafft einen Hügel mit Bergcharakter. Abgedeckt wird er mit großen Felsen, sowie Grobschlag und Kleinschlag aus heimischen Muschelkalk-Steinbrüchen. Es entsteht ein nährstoffarmer, sonniger, trockener Spezialbiotop, in dem nur besondere „Hungerkünstler und Sonnenanbeter“ gedeihen:
Felsen-Steinkraut, Schleifenblume, Dachwurz, Fetthenne, Silberwurz, Alpen-Distel, Enzian, filziges Hornkraut, Thymian, Federgras, Lavendel, Küchenschelle, Palmlilie, Ziest, Königskerze, etc. finden hier einen neuen Lebensraum. Es sollen ca. 30-40 % heimische Arten verwendet werden. Sicherlich werden sich auch heimische Therophyten einsamen, die an Ort und Stelle belassen werden können, wenn sie sich in die Gesamtkomposition einfügen.
Teilbereich „Präriestauden, Steppenheide“
Der Bereich Felsbiotop geht in den tiefer liegenden Grundstücksbereichen fließend in einen Boden mit immer feiner werdender Körnung über, der als Teilbereich für Präriestauden und Steppenheide vorgesehen ist.
In diesem Bereich wird ein splittig-sandiger Boden ebenfalls nährstoffarm sein und verschiedenen Gräsern, Indianernesseln, Sonnenhut, Mädchenauge und Astern einen Lebensraum bieten.
Teilbereich „Heidegarten“
Dieser Bereich wird der Lüneburger Heide nachempfunden. Ein sandiger Boden, gepaart mit einzelnen Findlingen kommt unter anderem folgenden Arten zu Gute: Wacholder, Besenheide, Schneeheide, Birken, Blau-Schwingel, Schaf-Schwingel, Kiefern, etc. Es sollen ca. 60 % heimische Arten verwendet werden.
Teilbereich „Feuchtbiotop“
Angelehnt an die naturräumliche Nähe von Heide- zu Moorlandschaften soll direkt angrenzend an den Teilbereich „Heidegarten“ ein Feuchtbiotop entstehen,
in das Oberflächenwasser eingeleitet wird. Dabei sollen ca. 80 % heimische Arten zum Einsatz kommen. Vorgesehen sind unter anderem:
Wasserdost, Mädesüß, Schwertlilien (Iris sibirica, pseudacorus,...), Seggen, Binsen, Sumpfdotterblume, Schilf, Froschlöffel, Wolfstrapp, Blutweiderich, Gelbweiderich, Sumpf-Vergissmeinnicht, Wiesen- Knöterich.
Waldbereich
Dieser Bereich soll mit immergrünen und laubabwerfenden Bäumen einen schattigen Lebensraum bieten.
Kiefern, Rhododendren, Eiben, Eichen, Buchen, Farne, Wald-Geißbart, Schlüsselblumen und Alpenveilchen, sowie Herbst-Anemonen, Funkien und bodendeckende Stauden wie Omphalodes, Epimedium, Waldsteinia und Brunnera werden zu den verwendeten Arten zählen. Einige seltenere Bäume wie Taschentuchbaum (Davidia), Cercidiphyllum japonicum), Sicheltanne (Cryptomeria japonica), Scheinbuche (Nothofagus antarctica) und Trompetenbaum (Catalpa) runden das Arboretum ab.
Fernöstlicher Bereich
Dieser Bereich wird im Wesentlichen durch seine fernöstliche Bepflanzung gekennzeichnet.
Fächer-Ahorne, Bambus, Zierkirschen, Hartriegel, Azaleen und Rhododendron werden dominierende Pflanzengruppen sein. Als Unterpflanzungen finden unter anderem Schwarzer Schlangebart (Ophiopogon planiscapus) und Japanwaldgrad (Hakonechloa macra) Verwendung.
Drei auf Wolkenform geschnittene Pinus syslenstris 'Watereri' schaffen eine fernöstliche Anmutung.
Eine große Kuper-Felsenbirne (Armelanchier lamarckii) ist Blickfang im Frühjahr und Herbst und schafft den fließenden Übergang zum Waldbereich.
Eine mit Rhizomsperre abgeriegelte Fläche vor den bestehenden Omorika-Fichten wird mit verschiedenen Bambus-Arten bepflanzt und rundet den asiatischen Bereich ab.
Teilbereich "Rasen" und Sichtachse
Zur Öffnung von Blickbeziehungen und als Spielfläche dient der zentrale Rasen. Er wird gekreuzt von einer Wege-Sicht-Achse, die von in Kegel-Form geschnitten Eiben begleitet wird.
Teilbereich „Spiel- und Nutzgarten“
Für die Kinder der Familie und besuchende Kinder soll ein Spiel- und Rasenbereich vorhanden sein.
Ein kleiner Nutzgartenbereich für die häusliche Versorgung und pädagogische Zwecke rundet als Gartenfenster die biologische und gestalterische Vielfalt ab.
Gartenelemente und bauliche Strukturen
Neben einer großen Artenvielfalt an Pflanzen sind auch weitere Gartenelemente und untergeordnete bauliche Strukturen zur Nutzung und Pflege des Landschaftsgartens notwendig.
Ein Gartenhaus dient der Unterbringung von Pflege-Gerätschaften, unter anderem einem Klein-Traktor samt Anhängegeräten sowie einem Rasenmäher-Traktor.
Für das Gartenpflegepersonal sind ein Aufenthaltsraum sowie ein WC im Gartenhaus notwendig. Der Aufenthaltsraum dient gleichzeitig als Anzugsraum für einjährige Sommerpflanzen und zur Überwinterung von frostempfindlichen Kübelpflanzen. Das WC soll auch den Besuchern während der Tage der offenen Gartenpforte zur Verfügung stehen.
Das Gartenhaus wird durch die intensive Begrünung der Außenanlagen von der offenen Landschaft aus kaum oder gar nicht sichtbar sein. Es wird architektonisch und in der Farbgebung in Analogie passend zum vorhandenen Wohnhaus gestaltet.
Eine befestigte Wegeführung soll den Garten erschließen. Nebenwege können unbefestigt mit Splitt oder Rindenmulch ausgeführt werden.
Aus Sicherheitsgründen und um Verbißschäden einzuschränken soll der Landschaftsgarten eine Einfriedung mit einem Stabmattenzaun erhalten. Die Einfriedung wird ergänzt durch eine Hecke aus Eibe, immergrünen Pflanzen und sommerblühenden Sträuchern.
Im Vorgartenbereich sind bereits sechs Parkplätze auf dem Grundstück vorhanden, die von Besuchern genutzt werden können. Weitergehende verkehrstechnische Erschließungen sind nicht erforderlich.
Die Gartenanlage und Pflanzenauswahl werden so gestaltet, dass eine Bewässerung mit Leitungswasser nur in der Anwachsphase und in sehr langen Trockenperioden notwendig wird. Für die Bewässerung soll grundsätzlich Regenwasser genutzt werden, so dass die Trinkwasser-Ressourcen geschont werden. Dafür wird eine Zisternenanlage mit 100.000 Liter Speicherkapazität gebaut.
Das Gelände soll leicht modelliert werden. Der klassische Garten wird etwas angehoben und mit einer Naturstein-Stützmauer seitlich gehalten. Der Felsenbereich wird ebenfalls etwas angehoben, jedoch nicht über das Höhenniveau des Nachbargrundstücks hinaus. Im unteren Grundstücksbereich wird eine kleine Senke als Feuchtbiotop geschaffen.
Artenvielfalt und ökologische Aufwertung
Der gesamte Landschaftsgarten soll ein hohes Habitatpotenzial für eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten aufweisen und damit das Gelände gegenüber der heutigen bzw. vormaligen Nutzung ökologisch deutlich aufwerten. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Teilbereiche „Felsengarten“, „Feuchtbiotop“ und „Heidegarten“ zu nennen.
Im Landschaftsgarten werden mindestens 300 verschiedene Pflanzenarten und –sorten Einzug halten. Ein großer Teil davon wird heimisch sein und den von ihnen abhängigen Tierarten entsprechende Lebensraum- und Symbiosemöglichkeiten bieten. Die Artenvielfalt im Plangebiet wird sich gegenüber dem jetzigen Zustand vervielfachen.
Als zusätzlicher Lebensraum für die heimische Tierwelt werden Sonderbiotope eingerichtet, wie zum Beispiel: Fledermaus- und Vogelnistkästen, eine Ansitzwarte für Greifvögel, einzelne Obstgehölze sowie ein „Insektenhotel“.
Es ist vorgesehen, dass die Pflanzen und Gehölze schon recht groß gepflanzt werden (Stammumfang der Bäume zumeist 20-25 cm und mehr), dadurch wird sich die optische und ökologische Wirkung des Gartens schnell entfalten.